Was bedeutet es, ein glückliches Leben zu führen? Welche Möglichkeiten gibt es, um sowohl das eigene Wohlbefinden als auch das von anderen zu steigern? Worauf sind Unterschiede zwischen den Menschen zurückzuführen? Gibt es Unterschiede zwischen den Kulturen? Mit diesen und ähnlichen Fragen befasst sich die Erforschung des subjektiven Wohlbefindens.
Positive Psychologie ist dabei nicht die -oft kritisierte- (Pseudo)Wissenschaft vom Herumwerfen mit mehr oder weniger originellen Motivationssprüchen. Der Grundgedanke der positiven Psychologie besteht vielmehr darin, dass Psychologie mehr ist als die Untersuchung der menschlichen Psyche im Hinblick auf Krankheiten. Auch die Hinzunahme des Aspektes der Gesundheit reichen E. Diener und P. Seligman (2002) nicht aus. Seligman sieht in der Psychologie eine Wissenschaft, die das Potential hat, Menschen zu einem glücklicheren Leben und einer positiveren Lebenseinstellung zu verhelfen (und damit meint er nicht: die Suche nach dem Glück). Aber was macht Menschen glücklich? Auf glückliche Momente zu warten, ist es jedenfalls schon mal nicht.
Präventions- und Interventionsmodelle der psychologischen Praxis fußen oftmals auf Theorien, die bezüglich der Frage, inwiefern überhaupt und wenn ja in welchem Ausmaß die zu fördernden Merkmale beeinflussbar sind, nicht selten widersprüchliche Grundannahmen festlegen. Lyubomirsky, Sheldon und Schkade (2005) beschreiben verschiedene Möglichkeiten, das subjektive Wohlbefinden zu erhöhen – aber ist das subjektive Wohlbefinden gleichzusetzen mit „glücklich sein“? Geht es dankbaren Menschen besser, sind sie glücklicher?
„Optimisten leben länger!“ schreibt P. Seligman (2011), Optimismus überschneidet sich wiederum mit dem Kohärenzsinn und Selbstwirksamkeitserwartungen, psychologischem Wohlbefinden und Spiritualität – diese Faktoren können dann wieder in dispositionelle und momentane Faktoren aufgeteilt und entsprechende theoretische Rahmen einsortiert werden. Um diese Zusammenhänge genauer zu erläutern, braucht es vermutlich noch den ein oder anderen Artikel, aber einen Anfang möchte ich heute gerne machen:
Golubnichy berichtete 2015 von mehr als 1,5 Millionen Menschen, die weltweit an dem Projekt #100dayshappy teilnahmen, wobei sie für einen Zeitraum von 100 Tagen jeden Tag ein sie-glücklich-machendes Ereignis aus ihrem Leben öffentlich dokumentierten. Die Suche nach dem Glück beschäftigt auch den Psychiater Hector im gleichnamigen Bestseller von Francois Lelord (2004), der später sogar verfilmt wurde. Das Glück liegt offenbar nicht nur im Auge des Betrachters, sondern oftmals in den kleinen Dingen – und gleichzeitig ist es nicht immer klar (er)fassbar – und ein wichtiger Aspekt menschlichen Erlebens und Verhaltens. Erstaunlich eigentlich, dass die psychologische Forschung den Glücks-Aspekt des Lebens so lange außer Acht ließ.
Seit Beginn des 21. Jahrhunderts rückt die Salutogenese (Antonovsky, 1993) und die Entstehung sowie der Erhalt von Gesundheit jedoch zunehmend stärker in den Fokus (Csikszentmihalyi & Seligman, 2000). Das subjektive Wohlbefinden (kurz: SWB) setzt sich zusammen aus den individuellen kognitiven und emotionalen Bewertungen des eigenen Lebens (Diener, Oishi & Lucas, 2003). Inzwischen gibt es verschiedene Definitionen des SWB, die jedoch alle gemeinsam haben, dass sie einen glücklichen Menschen als durch einerseits ein hohes Ausmaß an positiven Affekten und Lebenszufriedenheit bei gleichzeitigm geringem Ausmaß an negativen Affekten ausgezeichnet beschreiben (Diener, Lucas & Scollon, 2009).
Doch reicht das aus? Was ist mit der Resilienz – der Widerstandskraft, die Menschen auch nach schweren Schicksalsschägen davor “bewahrt”, selbst unterzugehen? Und wie können wir diese stärken? Das subjektive Wohlbefinden und die Resilienz als trainierbare Stärke ist damit wieder ein ganz eigenes Feld, das einen eigenen Blog-Artikel rechtfertigt – die positive Psychologie ist ein zwar junges, dennoch stetig wachsendes Forschungsfeld der aktuellen Psychologie und ich werde hier vermutlich noch etwas mehr zu schreiben.
In meinen Workshops wende ich regelmäßig Techniken aus diesen Bereichen an, gleichzeitig begleite ich gerne Forschungsprojekte, die hier neues Wissen schaffen.
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Herzlichst
Annika Rötters
Quellen
Antonovsky, A. (1993). The structure and properties of the sense of coherence scale. Social science & medicine, 36(6), 725-733.
Csikszentmihalyi, M., & Seligman, M. E. (2000). Positive psychology: An introduction. American Psychologist, 55(1), 5-14.
Diener, E., Lucas, R. E., & Scollon, C. N. (2009). Beyond the hedonic treadmill: Revising the adaptation theory of well-being. In The science of well-being (pp. 103-118). Springer, Dordrecht.
Diener, E., Oishi, S., & Lucas, R. E. (2003). Personality, culture, and subjective well-being: Emotional and cognitive evaluations of life. Annual review of psychology, 54(1), 403-425.
Diener, E., & Seligman, M. E. (2002). Very happy people. Psychological science, 13(1), 81-84.
Golubnichy, D. (2017). Can You Be Happy for 100 Days in a Row?: The# 100HappyDays Challenge. Artisan Books.
Lelord, F. (2004). Hektors Reise oder Die Suche nach Glück [2002]. München/Zürich.
Lyubomirsky, S., Sheldon, K. M., & Schkade, D. (2005). Pursuing happiness: The architecture of sustainable change. Review of general psychology, 9(2), 111-131.
Seligman, M. E.
(2011). Der Glücks-Faktor: Warum Optimisten länger leben (Vol. 60548). Bastei Lübbe.